Gansu: von Klöstern und rauen Sitten

unterwegs wie Pilgerer auf zwei Rädern

Die chinesischen Tempel und tibetischen Klöster waren für uns völlig neu und wir können uns kaum daran sattsehen. In Lanzhou besuchten wir einen taoistischen Tempel. Am nächsten Morgen, als wir mit vollbepackten Rädern die Stadt verliessen und wieder am gleichen Tempel vorbeifuhren, tummelten sich sehr viele Leute vor und im Tempel. Während ich bei unserem Hab und Gut blieb, wollte Tobias schauen, was da los war. Grinsend kam er kurze Zeit später wieder raus und meinte, ich solle auch noch reingehen. Die seien am Musizieren und Wahrsagen. Vor dem ältesten Wahrsager habe es eine riesige Schlange. Die Jahrmarktstimmung gefiel mir weniger gut als die andächtige Stimmung am Abend vorher. Entäuscht, weil ich in der ganzen Menschenmenge auch die Schlange nicht gefunden hatte, kam ich zurück zu Tobias, der sich krümmte vor Lachen, weil ich eine echte Schlange gesucht hatte und nicht die lange Kolonne an Leuten vor dem Wahrsager.

Man könnte meinen, wenn die Verständigung mit den Chinesen so schwierig ist, dass wenigstens wir zwei uns richtig verstehen. Zwei Tage später in einer kleinen Fressbeiz sassen wir am Tischchen direkt neben dem Eingang. Ich warnte Tobias: "Achtung, jetz chun e u huerre Sau!". Er war schon gefasst auf einen rülpsenden, spuckenden Chinesen (was ja nicht abwägig ist) und hätte nicht erwartet, dass da wirklich ein Schwein in zwei Teilen haarscharf an unseren Tellern vorbeigtragen und gleich auch neben uns zerlegt wird. En Guete... bild
bild Wir fuhren also aus dem Smog Lanzhou's heraus und strampelten bald in den Hügeln mehr auf als ab. Wir hatten uns ein wenig verfahren (und wussten es noch gar nicht), standen wir vor einem eindrücklichen hängenden Kloster. Leider war alles abgesperrt, doch die zahnlosen Hirten winkten uns durch eine Lücke im Zaun rein. Sie meinten, klar könnten wir hier zelten. Da wollten wir aber doch wenigstens noch den offiziellen Eingang zum Kloster nehmen und die Mönche fragen. Die waren gerade am Basketballspielen und freuten sich über unseren Besuch. Wir durften sogar noch das Kloster, eigentlich im Umbau, besichtigen.
Zwei Tage später erreichten wir Xiahe auf knapp 3000 m.ü.M. Im Labrang-Kloster wohnen heute noch über 2000 tibetische Mönche (zu Spitzenzeiten waren es sogar bis zu 4000 Mönche). Täglich pilgern viele Tibeter zu diesem Kloster um zu beten. Sie umrunden das Kloster, drehen die Gebetsmühlen, giessen Yakbutter in die Kerzen vor den Buddha-Statuen, spenden, knien und liegen. Wir waren beeindruckt von dem Treiben und der Stimmung im und ums Kloster. Hier war auch eine gewisse Spannung zwischen den einheimischen Tibetern und den Han-Chinesen zu spüren. Auch der Mönch auf der Klosterführung konnte sich abschätzige Bemerkungen zu einer chinesischen Touristin nicht verkneifen.
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Nach Xiahe fuhren wir auf kleinen Strassen in die Gannan-Alpweiden hinauf. Es kamen uns fast ausschliesslich Yak- und Schafherden mit ihren Hirten auf Töffli entgegen. Die tibetischen Hirten in ihren dicken, knielangen Mänteln mit roter Schleife um die Hüfte, überlangen Ärmel, Tücher um den Kopf gewickelt und einer dicken Sonnenbrille machen eine echt coole Falle - völlig ungewollt. Im Regen kam uns ein Pilgerer zu Fuss entgegen. Sein Ziel "Xiahe" waren sicher zwei Tagesfussmärsche entfernt, doch er hatte kein Gepäck, nicht einmal etwas zu trinken. So hat er sich sehr für unser Gepäck interessiert. Wir haben ihm Essen und Trinken angeboten, doch er wollte nichts. Nur die Kamera hat ihm so gut gefallen, dass er freundlich gefragt hat, ob er sie behalten könne.
andere Länder, andere Sitten
bild In Langmusi angekommen, wollten wir meinen Geburtstag mit einem guten Essen ein bisschen feiern. Der Hühnerfuss war auch auf der Platte, was uns aber schon lange nicht mehr den Appetit verderben kann. Am nächsten Morgen wollten wir zur Schlucht hinter dem Kloster wandern. Erst auf halber Strecke merkten wir, dass wir auf der falschen Talseite unterwegs waren. Wir gingen trotzdem weiter, bis auf den Hügel, wo die Gebetsfahnen einen Platz für Himmelsbestattungen markierten. Noch beim Hochgehen hatten uns einige chinesische Touristen gesagt, es gebe da nichts zu sehen. Und sowieso werden hier Himmelsbestattungen schon lange nicht mehr durchgeführt.
Oben bemerkten wir auf einem weit entfernten Hügel eine Gruppe riesiger Vögel. Das mussten Geier sein und demnach würde wohl auch ab und zu noch eine tibetische Bestattung hier durchgeführt. Kaum gesagt, kam auch schon ein Pickup angerollt und so haben wir ungewollt Himmelsbestattung miterlebet. Wir hatten uns das als stimmungsvolle Zeremonie vorgestellt. Obwohl ein Mönch während dem Geschehen gesungen und gebetet hat, war es doch eher makaber, wenn auch natürlich. Wer sich interessiert kann unter folgendem Link nachlesen: Wikipedia: Himmelsbestattung bild
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